Die steigende Zahl von Schülern/-innen mit sprachlich und kulturell unterschiedlicher Herkunft (rund 33% der Schüler/-innen) schlägt sich in der Heterogenität der Herkünfte von Lehrkräften in Deutschland (ca. 5% aller Lehrkräfte) bisher nicht nieder. Laut dem Forscherteam um Prof. Dr. Viola B. Georgi von der Freien Universität Berlin legen Studien aus klassischen Einwanderungsländern nahe, „dass Lehrende mit Migrationshintergrund zur Gestaltung von interkulturell orientierten Bildungsprozessen beitragen können und überdies als Rollenvorbilder dienen. Eine Erhöhung des Anteils an Lehrenden mit Migrationshintergrund erscheint als ein Schlüssel für mehr Integration, Teilhabe und Schulerfolg von Schülern und Schülerinnen mit Migrationshintergrund, weshalb die Rolle dieser Lehrkräfte in der politischen Debatte zunehmend wichtig wird.“
In der Studie „Lehrende mit Migrationshintergrund in Deutschland: Eine empirische Untersuchung zu Bildungsbiographien, professionellem Selbstverständnis und schulischer Integration“ wurden diese Erwartungen aufgegriffen und einer qualitativen und quantitativen empirischen Überprüfung unterzogen. „Die Ergebnisse“, resümiert Viola B. Georgi, „zeigen, dass Lehrende mit Migrationshintergrund ein Schlüssel zur interkulturellen Schulentwicklung in Deutschland sind, aber nicht zum Allheilmittel gesellschaftlicher Integration taugen. Neben der gezielten Werbung und Rekrutierung von Lehrenden mit Zuwanderungsbiographie bedarf es flankierender Maßnahmen, etwa in der Lehreraus- und Weiterbildung, die Schule und ihre Akteure angemessen auf den Umgang mit Heterogenität vorzubereiten.“
Im Gegensatz zu bloßen Lippenbekenntnissen der Bildungspolitik haben zwei Stiftungen auf diese Forderungen reagiert und ein Stipendienprogramm bzw. einen Schülercampus für angehende Lehrer/-innen mit Migrationshintergrund aufgelegt.
Das Horizonte-Stipendienprogramm der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung
Mit der Einrichtung des Stipendienprogramms für Lehramtsstudierende und künftige Lehrkräfte mit Migrationshintergrund möchte die Gemeinnützige Hertie-Stiftung die gesellschaftliche Realität verstärkt auch in den Lehrerzimmern abbilden und Vorbilder schaffen. Durch finanzielle und ideelle Unterstützung fördert die Hertie-Stiftung deshalb besonders engagierte künftige Lehrkräfte mit Migrationshintergrund in ihrer Ausbildung und will begabte Abiturienten/-innen mit Migrationshintergrund gezielt für den Lehrer/-innenberuf gewinnen.
Das Stipendienprogramm startet mit dem Wintersemester 2012/2013 in die nächste Runde. Zu Frankfurt, Berlin, Hamburg, München und dem Ruhrgebiet kommt als sechster Standort Niedersachsen hinzu. Interessierte können sich ab sofort im Bewerberportal online registrieren. Bewerbungsschluss ist für Studierende der 3. August 2012 und für Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst der 15. August 2012. Ausführliche Informationen zum Stipendien-Programm findet man in der Info-Broschüre und auf der Horizonte-Website. Hier erfahren Schüler/-innen, Studierende und Referendare/-innen mir Mitgrationshintergrund alles über die Fördermöglichkeiten und die Voraussetzungen zur Förderung. Außerdem kann man unterschiedliche Erfahrungsberichte und Videos ehemaliger Stipendiaten/-innen lesen und anschauen.
Bewerben können sich Schüler/-innen mit Einwanderungsgeschichte, die durch die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife die Berechtigung zu einem Hochschulstudium erwerben. Die Teilnahmegebühr beträgt 45,- € pro Person. Enthalten sind drei Übernachtungen, Verpflegung sowie die Teilnahme an allen Veranstaltungen und dem Freizeitprogramm. Außerdem werden Begleitmaterialien zur Verfügung gestellt. Ein Antrag auf Kostenerstattung ist möglich. Die Veranstaltungsorte des Schülercampus und alle Bewerbungsunterlagen kann man auf den Seiten des Schülercampus herunter laden. Außerdem finden sich dort auf verschiedene Audio- und Videodaten vergangener Campus-Veranstaltungen.